STROM & WASSER lyrics : "Und die Freiheit in Europa"
Und es war auch weiter nicht entscheidend aus welchem Land der Junge kam
Denn zu Hause sprach die Mutter, du musst jetzt laufen, Junge, lauf
Es ist gelogen, Junge, nicht im Osten, nur im Westen geht die Sonne auf
Und so lief der Junge tausend Meilen und jede Meile tat ihm weh
Aber trotzdem wollte er sich beeilen, damit ich endlich Freiheit seh
Er war gerade fünfzehn Jahre und er stand am Meer
Da drüben glänzt Europa, da weht die Freiheit her
Und er sog den Duft der Winde, doch er war nicht mehr allein
Tausend andere standen bei ihm, tausend andere wollten rein
Er musste es dreizehn Mal versuchen und dann zog man ihn halb tot
Aus den Mittelmeergewässern und in Trümmern lag sein Boot
Alle anderen waren ersoffen, Kinder, Mütter, alle weg
Und die Freiheit in Europa, diese Freiheit war im Dreck
Gitterstäbe, Zellen, Prügel, Mutter, warum lief ich so weit fort
Denn die Freiheit in Europa ist für Fremde nur ein Wort
Hieß er Achmed oder hieß er Jacques oder Dragan oder hieß er John
Er war irgendeine Akte und nicht irgendjemand's Sohn
Und er lernte Überleben, indem er alles, was er war, verriet
Du bist nur sicher in Europa, wenn Europa dich nicht sieht
Floh dann weiter, immer tiefer in Europas Herz hinein
Irgendwo, so rief er, wird doch auch mal Frieden sein
Kam in Deutschlands Flüchtlingslager, Lager haben hier Tradition
Und die Art, wie man ihn fragte, kannte er von sonst wo schon
Fast zehn Jahre fliehst du, Bruder, fast zehn Jahre auf der Flucht
Hier in Deutschland, sagt er leise, hab ich es noch nicht versucht
Und zugleich bei uns im Westen beginnt ein arbeitsreicher Tag
Wobei Herr Rainer Fink die Arbeit eigentlich ganz gerne mag
Die Kollegen sind humorvoll, die Bezahlung ist nicht schlecht
Er hat schließlich eine Schreibkraft und er kennt sich aus mit Recht
Solche Briefe kriegt er täglich, voll Dramatik, Bettlerei
Alle wollen sie nach Deutschland, als ob das hier die Wohlfahrt sei
Neuer Tag und neue Akten und Herr Fink ganz frisch voran
Er hat exzellent gefrühstückt und fängt mit der Arbeit an
Gleich der erste Fall ist typisch, ohne Bildung, ohne Pass
Und dann kommen sie nach Deutschland und was wollen sie hier, was?
Wollen Freiheit, Arbeit, wollen vielleicht auch ein Haus
Und der Staatsbeamte Fink löscht ganz gelassen mit seiner Unterschrift ein Leben aus
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